Mein Weg zum Traumberuf

Den meisten ist Bastian Doreth ein Begriff, seit er als Jungprofi für den FC Bayern Basketball auflief. Doch wäre es nach seinen Eltern gegangen, wäre Basti entweder Fußballer oder klavierspielender Balletttänzer geworden. Hier erzählt der Nationalspieler, warum es nicht dazu kam.


Als ich 2 Jahre alt war, machte ich meine erste Berührung mit dem Ball, dem Ball mit dem die große Mehrheit der Kinder und Jugendlichen in Deutschland aufwachsen. Ich weiß es noch ganz genau, wie meine Uroma mir das runde Leder zukickte und ich mit aller Anstrengung versuchte, zurück zu schießen. Ein prägender Moment im Garten meines Opas, ich verliebte mich sofort in den Fußball … meine fußballverrückte Familie trug einen großen Teil dazu bei. Es sollte nicht lange dauern, da nahm ich an meinem ersten Fußballtraining beim DJK Falke Nürnberg teil – der Verein, in dem meine halbe Familie Fußball spielte und (wie sich später herausstellen sollte) nicht nur Fußball gespielt wurde.

Ich durchlief sämtliche Jugendmannschaften. Zwischenzeitlich fand ich meine Position als Torwart, mein großes Vorbild war Andreas Köpke (Torwart des 1. FC Nürnberg). Ich war fasziniert davon, wie er durch seine artistischen Paraden seinen Kasten sauber hielt. Von ihm stammt auch mein erstes Fußballtrikot, das ich Tag und Nacht anhatte.
Da mein Vater früher auch Fußball gespielt hat, teilte er meine Begeisterung für den Sport und wurde irgendwann mein Trainer. Wir hatten eine sehr erfolgreiche Mannschaft aufgebaut, mit der wir durch die verschiedenen Altersstufen marschierten.

Zwischenzeitlich wurde es auch schulisch ernst, ich musste mich entscheiden auf welche weiterführende Schule ich gehen wollte. Da ich auch schon für die Bezirksauswahl nominiert wurde, gaben mir die dortigen Trainer den Rat, mich für die Fußballklasse der Bertolt-Brecht Schule zu bewerben, sie war eine Partnerschule des Leistungssports. Neben dem Fußball gab es auf der Schule auch noch weitere Angebote anderer Sportarten. Leider wurde ich bei der Sichtung für die Fußballer nicht berücksichtig, doch ich wollte unbedingt auf diese Schule. Es gab eine weitere Sichtung für eine sogenannte Orientierungsstufe, das bedeutete man konnte in der 5en Klasse jeweils für 2 Monate in verschiedene Sportarten reinschnuppern und zusammen mit den Trainern entscheiden, ob es eine Sportart gibt, in der man talentiert ist …

Meine erste Berührung

Da war sie also, die erste Berührung mit dem orangenen Leder. Es war die Zweifachturnhalle in der Bertolt-Brecht-Gesamtschule. Grüner PVC Boden mit unzähligen Linien … mit Hallenfußballschuhen ausgestattet schnappte ich mir die Kugel und versuchte mich an den Körben. Da ich als Torwart ja öfters einen Ball in der Hand hatte, waren die ersten Versuche gar nicht so verkehrt. In den kommenden zwei Monaten wurden uns die Grundlagen der Sportart nähergebracht, die Zeit verging im Flug. Dann ging es zur nächsten Sportart: Volleyball. Dort merkte ich schnell, dass ich den Basketball schon vermisste. Nebenbei ging es Abends nach der Schule immer noch mit Papa ins Fußballtraining, doch irgendwie merkte ich, dass sich so langsam der Fokus veränderte.

Als das Orientierungsjahr zu Ende ging, musste ich mich entscheiden, welche Sportart mein Begleiter für die restliche Schulzeit werden sollte. Für mich war die Sache klar, es war das Basketballtraining, für das ich mich entschied. Das hieß dreimal die Woche von 7.30 – 9.00 Uhr dribbeln, passen, Korbleger, Jumpshots etc., danach ging es direkt in die Schule, meistens bis 16.30 Uhr, danach Hausaufgaben und ab ins Fußballtraining. Irgendwann meinten die Trainer aus der Partnerschule des Leistungssports, dass ich auch in einer Mannschaft spielen solle um Spielpraxis zu bekommen. Also ging ich in mein erstes Mannschaftstraining des DJK Falke Nürnberg. Ja, genau der gleiche Verein, in dem ich auch Fußball spielte. Der Trainer hieß Kurt Weißmann, ein langhaariger, alternativ aussehender Musik, Kunst und Sportlehrer meiner Schule, er legte sehr großen Wert darauf uns die Basics nahe zu legen ohne den Spaß am Spiel zu vergessen. Eine großartige Zeit!

Die Entscheidung

Ich wusste, das die Doppelbelastung Fußball und Basketball nicht auf Dauer möglich war. Irgendwann musste ich mich entscheiden, es war nicht leicht im Alter von 11 Jahren so eine Entscheidung zu treffen. So langsam kam ich in das Alter, in dem man gerne gegen die Eltern arbeitet. Ich hatte schon immer meinen eigenen Kopf. Nach wie vor war mein Vater der Trainer der Fußballmannschaft, aber ich wollte mein eigenes Ding machen und beschloss somit, die Torwarthandschuhe an den Nagel zu hängen um mich nur noch auf den Basketball konzentrieren zu können. Das war keine einfache Zeit. Meine Eltern unterstützten mich in der Entscheidung aber irgendwie hatte ich in der ersten Zeit nach der Entscheidung das Gefühl meinen Dad im Stich gelassen zu haben.

Volle Kraft voraus

Nun war der Weg geebnet. Ich spielt in der U12 des DJK Falke Nürnberg und hatte weiterhin dreimal die Woche vor der Schule Individualtraining. Der erste kleine Höhepunkt war die Nominierung in die Bezirksauswahl Mittelfranken, sie sollte das Sprungbrett in die Bayernauswahl sein. Dort war ein gewisser Alex Krüger Trainer, mittlerweile übernahm er auch das Individualtraining an der Partnerschule des Leistungssport. Er sollte von nun an ein wichtiger Wegbegleiter werden, der für viele Talente im Nürnberger Raum als Art Mentor fungierte und mit seinen Visionen den Nürnberger Basketball prägen sollte. Mit seinen Methoden, die viele Gemeinsamkeiten mit denen des Nowitzki-Macher Holger Geschwindner hatten, wurde er oft belächelt aber wir vertrauten ihm zu 100% und folgten seinen Anweisungen, egal ob er das Training auf Samstag 8 Uhr ansetzte.

Mit der Mannschaft der Bayernauswahl fuhr ich auf das Bundesjugendlager, welches als Sichtung für die U16 Nationalmannschaft bekannt war. Man spielt in einem Turnier gegen andere Bundesländer unter den Augen der Bundestrainer. Im vorletzten Spiel verletzte ich mich am Knie, was sich später als Einriss im Meniskus herausstellen sollte. Ich wurde trotzdem zum Auftaktlehrgang der U16 Nationalmannschaft eingeladen, doch durch die Verletzung, die in Zwischenzeit operiert wurde, konnte ich nicht mit vollen Kräften anreisen … ein herber Rückschlag. Ich wurde nicht weiter nominiert und wurde die nächsten Jahre nicht weiter berücksichtigt. Mein großes Ziel, einmal für Deutschland aufzulaufen, schien unmöglich zu sein. Es ging eine Welt für mich unter.

In der Ruhe liegt die Kraft

Während sich die gleichaltrige Konkurrenz durch die U16 und U18 Nationalmannschaft spielte und von der Öffentlichkeit als DIE neuen Nachwuchstalente angekündigt wurden, gab mir mein Mentor Alex Krüger den Rat, mich nicht davon irritieren zu lassen und in aller Ruhe an den Basics zu arbeiten und unbeobachtet von der Basketballöffentlichkeit die nächsten Schritte als Basketballspieler zu machen. Wir hatten eine gute Mannschaft zusammen, mit welcher wir uns für die deutsche Meisterschaft in der U16 qualifizierten. Der Kern des Teams spielte für eine lange Zeit zusammen. Wir spielten als Jugendliche in der Herrenliga und dominierten. Ich spielte Basketball ohne Druck mit einer menge Spaß. Natürlich wartete man im Frühjahr, ob nicht doch plötzlich ein Brief vom Deutschen Basketball Bund herein flatterte, doch es kam nichts – und ich lebte immer noch!

Dann gab es eine Revolution im deutschen Nachwuchsbasketball, die NBBL (Nachwuchs Basketball Bundesliga) wurde gegründet. Endlich gab es eine U19 Liga, in der man sich mit den Besten aus ganz Deutschland messen konnte. Mittlerweile war mein Dad wieder eng an meine Seite gerückt und übernahm viele ehrenamtliche Tätigkeiten im Verein. Wir spielten unter der Flagge der Frankenhexer, es war eine Auswahl vieler Talente aus verschiedensten Heimatvereinen der Umgebung. Mit 17 war ich im jüngeren Jahrgang der Mannschaft, habe aber trotzdem schon viel Verantwortung bekommen und konnte mich spielerisch weiterentwickeln. Im zweiten Jahr der NBBL wurde ich zum unangefochtenen Leader der Mannschaft und spielte zusammen mit Stefan Schmidt, der mittlerweile zu einem meiner besten Freunde wurde, eine geile Saison.

Gleichzeitig durften wir nicht nur in der NBBL antreten sondern hatten das Privileg als junge Burschen in der Pro A (ehemals zweite Liga) ins kalte Wasser geschmissen zu werden und gegen gestandene Profis zu spielen. Es war wie ein Traum, das erste Mal bekam man etwas Geld, eine Wohnung, sogar ein Auto für ein bisschen Basketballspielen. ‚Wie geil ist das denn?‘ dachte ich mir … gleichzeitig war ich dabei, mein Fachabitur zu machen, irgendwie meine Jugend zu genießen und eine Freundin zu haben. Und dann kam er auch noch, der Brief des DBB mit der Einladung zu U20 Nationalmannschaft … im Sommer dann das erste Spiel im Trikot der Nationalmannschaft! Die harte Arbeit hatte sich ausbezahlt, auch wenn ich manchmal gezweifelt habe, habe ich nie den Glauben verloren.

Endlich!

Von Nun an ging alles ganz schnell, ich war im darauffolgenden Jahr der Starting Pointguard der U20 Nationalmannschaft, wurde direkt nach der Europameisterschaft zum Auftaktlehrgang der A-Nationalmannschaft unter Dirk Bauermann eingeladen, durfte in Bamberg mittrainieren und von Spielern wie John Goldsberry oder Casey Jacobsen lernen und weiter Spielpraxis in Nürnberg sammeln – mittlerweile allerdings in der ProB. Eine verdammt aufregende Zeit.

Dann kam der Anruf von Dirk Bauermann, der gerade dabei war das Projekt in München zu übernehmen und mit Stars wie Steffen Hamann und Demond Greene in die BBL aufsteigen wollte. Er wollte mich dabei haben und holte mich nach München, ich packte meine Sachen, hatte auf einmal einen Spielerberater und fand mich in der glitzernden Welt des FC Bayern München wieder.

Nein ich wurde nicht wie meine Mutter immer wollte ein klavierspielender Balletttänzer, sondern Basketballprofi!

Foto: Thorsten Ochs via Bastian Doreth

Bastian Doreth
Bastian ist die deutsche Mischung aus James Harden und Steve McQueen. Man könnte vorsichtig formuliert behaupten, der Nationalspieler sympathisiere gelegentlich mit dem Club.